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Heute vor 20 Jahren

Guten Abend, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer, liebe Genossinnen und Genossen.

Diese Sendung heute, wird nach fast 30 Jahren die Kürzeste sein: Nämlich die Letzte. Eben hat sich noch einmal im Vorspann, der Bundesadler wie 1518 Mal zuvor auf unsere Fernsehantennen gesetzt. Und statt der, im Arrangement meines Genossen Martin Hartwig verfremdeten, Vorspannmelodie "Von der Maas bis an die Memel", wird dieser großdeutsche Anspruch nur noch auf Staatsakten und in Schulen der BRD und bei der Bundes-Wehr-macht erklingen. So ernst, wie von Männern wie Waigel und Dräger, Damen wie Süßmuth und Wilms gemeint. Will heißen, der Revanchismus bleibt uns erhalten. Der Klassenkampf geht weiter. Also auch die aktuelle, streitbare Polemik. Der Sozialismus auf deutschem Boden, die Deutsche Demokratische Republik, sie sollen beseitigt werden.

Deshalb ist das Vordringliche, Erstrangige, Wichtigste: Der Frieden. Die friedliche Koexistenz und die Erneuerung und Kontinuität unseres Vaterlandes, des ersten deutschen Friedensstaates. Kontinuität: Das sind Gründung, Existenz und Leistungen unserer Republik! In wenigen Jahrzehnten, früher sagte man: Für 40 Jahre ein Menschenalter plus 10 Jahre. In einem guten Menschenalter also, haben wir soziale und politische Ergebnisse erarbeitet und erkämpft, wie noch kein deutscher Staat zuvor. Auf Neuland wohlgemerkt! Also auch mit Irrtümern und Fehlern.

Die jedoch unsere Erfolge nicht ungeschehen machen, nicht verblassen lassen dürfen. Erneuerung, das Bedeutet nicht zurück, sondern vorwärts. Zu einem besseren, attraktiveren, noch mehr erlebbaren und letztlich siegreichen Sozialismus. Dem muss unsere ganze Kraft gelten. Nichts darf uns dabei behindern, nichts die Politik der Wende beeinträchtigen. Zuviel Gereimtes und Ungereimtes, Geglücktes und Mißglücktes, Richtiges und Falsches müssen in Wort und Tat, im freimütigen Dialog und unverzüglichem gemeinsamen Handeln ausgewogen werden. Das erfordert Maß und Geduld, Gründlichkeit und Ehrlichkeit, Eingeständnis und Standhaftigkeit. Und viel Vernunft, die verständliche Emotionen unter Kontrolle hält. Mein Feld ist die Außenpolitik im Allgemeinen. Die ideologische Klassenauseinandersetzung Sozialismus/Kapitalismus am Beispiel des Fernsehens der BRD im Besonderen. Einige mögen jubeln wenn ich diese Fernseharbeit nun auf andere Weise fortsetze. Nicht das ich etwas zu bereuen hätte: Der Umgang mit der oft unbequemen Wahrheit ist schwer, aber er befriedigt. In meiner Lebensbeschreibung steht der Satz: „Für oder gegen den Menschen, für seine Freiheit, sein Recht sein Leben - oder gegen sie: Das ist das Kriterium für mein Freund- und Feindbild.“ Aber an anderer Stelle steht auch: „Wenn das Sein das Bewußtsein bestimmt, dürfen wir nicht die Umkehrung zulassen: Das Sein verstimmt das Bewußtsein.“ Es bedarf also der Kunst, daß Richtige richtig und schnell, und glaubhaft zu machen. In diesem Sinne werde ich meine Arbeit als Kommunist und Journalist für die einzige Alternative zum unmenschlichen Kapitalismus fortsetzen. Als Waffe im Klassenkampf, zur Förderung und Verteidigung meines sozialistischen Vaterlandes. Und in diesem Sinne, meine Zuschauerinnen und Zuschauer, liebe Genossinnen und Genossen: Auf Wiederschauen.

-> Transkript der letzten Sendung von "Der Schwarze Kanal" mit Karl-Eduard von Schnitzler, gesendet am 30. Oktober 1989 um 21:45 Uhr im Fernsehen der DDR. Die Sendung erzielte eine "Sehbeteiligung" von 12,3%. Weitere Infos im Deutschen Rundfunkarchiv: http://sk.dra.de

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