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Wir wollen Kirche für alle sein

 

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Seid ihr denn selbst alle gläubig?
Sophian (er/ihm): Ich bin konfirmiert und in der pro-testantischen Kirche aufgewachsen, aber für mich ist der Glaube jetzt nicht der wichtigste Teil. Ich finde es auch super interessant, diesen Austausch mit anderen Menschen zu haben, die mehr oder weniger an Gott glauben.

Albert (19 Jahre, er/ihm): Ich bin auch konfirmiert, getauft und ich bin gläubig. ich muss sagen, dass ich die evangelische Jugend auch nicht hauptsächlich als "Gläubigenaktivität" sehe. Es ist auch eine Art Safespace für Gläubige und man kann sich darüber auch aus-tauschen, was sehr schön ist.

Jeggy (17 Jahre, dey/deren): Es geht bei der evangelischen Jugend auch um Glauben, aber Atheist:innen sind genauso willkommen.

Also ist der wichtigere Teil für euch eher die Community hier?
Jeggy: Es geht mehr darum, dass man hier unter Jugendlichen für sich sein kann, dass man sich in Gesprächen austauschen kann, wozu natürlich die Auseinandersetzung mit dem Glauben gehört. Wir versuchen auch einen Freiraum, außerhalb von Schule und Zuhause, zu schaffen und setzen uns mit kirchlichen Normen auseinander und hinterfragen diese.

Sophian: Wir sind alle sehr aktiv, zum Beispiel im Kreisjugendkonvent oder als Vertretung in der Kreis-synode. Es gibt immer wieder Events, die wir organisieren, wo wir selbst viel lernen und in den Austausch kommen.

Wie seid zu dieser Jugendgruppe gekommen?
Jeggy: Ich bin als Kind bei dieser einen Jugendfahrt, Grasgrün & Himmelblau, zum ersten mal mit-gefahren. Hier gestalten Jugendliche ein Programm für die Kinder. Dann werden die anderen und du auch immer älter und irgendwann wächst man da mit rein.

Sophian: Vor meinem Konfirmationsgottesdienst war ich nicht wirklich in der Gemeinde integriert. Der Konfirmationsgottesdienst selbst war eine sehr coole Performance. Mittlerweile mache ich selbst mit und das macht immer Spaß.

Albert: Ich bin auch nach meiner Konfirmation zur jungen Gemeinde in Bornstedt. Das war auch schön, aber damals war die junge Gemeinde noch nicht so etabliert, weswegen ich erst einmal nicht weiter hingegangen bin. Meinen Anschluss habe ich dann zwei Jahre später als Betreuer bei der Sommerfahrt Grasgrün & Himmelblau wiedergefunden.

Wie ist das, wenn man neu ist? Wie kann man bei euch teilnehmen?
Jeggy: Es soll natürlich erstmal keine Hürden geben. Es gibt natürlich die eigene Hürde, erstmal zu Leuten hinzugehen, die ich noch nicht kenne. Wir sind aber jeden Tag offen, dass neue Leute herkommen können, auch Leute die bisher nie von uns gehört haben.

Wie sieht denn der Altersdurchschnitt bei euch aus?
Jeggy: Offiziell sind die JG´s für Leute ab der Konfirmation, also ab 14 Jahren, mit einer Ober-grenze von 27 Jahren, aber wir sehen das auch nicht so eng

Sophian: Also bei den üblichen JG´s ist 18 meistens so das obere Ende, aber wir haben auch eine Ü18 JG. Man sieht sich auch immer auf den Fahrten.
Albert: Die Ü18 JG ist auch relativ neu. Die wurde erst letztes Jahr gegründet. Das ist auch wirklich eher eine spontane Gruppe.

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Wie passt eure Religion, der Glauben und dass ihr Queer seid zusammen?
Sophian: Also ich find´s eher immer witzig, wenn ich Leuten sage, dass ich in der evangelischen Jugend bin und Leute abfällig sagen "interessant", weil viele mit der Kirche noch vielleicht eher konservative Sachen verbinden. Ich finde, das ist auch oft ein An-lass, um zu erklären, was wir in der jungen Gemeinde so machen und dass wir genau das Gegenteil davon sind, was viele sich vorstellen. Hier hat man Leute, die sich für einen interessieren, denen man erzählen kann, wenn man gerade was auf der Seele hat und die für einen da sind. Zum Beispiel hatte relativ zeitnah zu meinem eine weitere Person ihr eigenes Coming Out und das war einfach super cool, dass wir uns darüber austauschen konnten und ich durch die junge Gemeinde bereits eine Support - Gruppe hatte.

Jeggy: Wenn wir an die Kirche an sich denken, denken die meisten erstmal an die katholische Kirche, zu der wir nicht gehören. Also wir arbeiten gerne ökumenisch zusammen mit katholischen Leuten. Die evangelische Kirche hat auch Probleme, aber trotzdem sind wir, also Kirchenkreis Potsdam/Berlin, ein sehr offener Raum. Natürlich gibt es immer konservative Protestanten, die Probleme mit allem Möglichen haben, aber die sind nicht die Mehrheit. Wir, als evangelische Jugend, sind deutlich links, offen und haben auch einen ökologischen und grünen Aspekt. Wir haben auch in der Kreissynode einen Antrag eingebracht für geschlechtergerechte Sprache, ein queeres und offenes Gottesbild und dass die Haupt- und Ehrenamtlichen zu sensiblen Umgang fortgebildet werden sollen. Wir wollen eine Kirche für alle sein.

Albert: Für mich lässt sich das super vereinbaren. Ich sehe gar nicht, warum sich das widersprechen sollte. Nur weil das irgendwelche alten Leute aus der Kirche behaupten, sehe ich das nicht ein. Hier in der evangelischen Jugend kann man so sein, wie man will, niemand judged einen.

Was könnt ihr anderen Queer´s auf den Weg geben?
Sophian: Sei stolz darauf, wer du bist. Wenn du dir das einmal zugestanden hast, lass es dir von niemandem wegnehmen oder kleinreden. Es gibt auf jeden Fall Menschen da draußen, die dich unterstützen und die an deiner Seite stehen. Vielleicht hast du sie noch nicht gefunden, aber ich bin mir sicher, dass du sie finden wirst. Geh deinen Weg, wie du denkst, dass es richtig ist und du wirst auf jeden Fall Support finden.
Jeggy: Du weißt am Besten, was in dir selbst vorgeht. Keine andere Person kann es so gut wissen wie du selbst und wenn du weißt, wie du bist, ist es ein riesiger Gewinn für dich selbst. Steh zu dir selbst, du bist wunderbar, so wie du bist.

Albert: Mir hat es immer geholfen, wenn ich andere Personen habe, die schon ähnliche Sachen durch-gemacht haben oder ähnlich denken. Mit solchen Menschen zu sprechen hat mir persönlich super geholfen und das kann ich allen einfach nur ans Herz legen. Alleine um zu sehen "du bist nicht alleine mit diesen Gedanken und es gibt viele andere mit den gleichen Gedanken". Es ist voll normal, so wie du bist.

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Der Artikel wurde in der Broschüre QUEERnow 2023 veröffentlich. Das Pojekt wurde mit Mitteln der Landeshauptstadt Potsdam gefördert. Die Broschüre ist bei www.queeres-brandenburg.info bestellbar.

 

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