Todeslager Klinkerwerk noch immer keine Gedenkstätte

(Gaybrandenburg - communityTicker) Am vergangenen Wochenende fanden im ehemaligen Konzentrationslager Sachsenhausen bei Oranienburg und im nahegelegenen Aussenlager Klinkerwerk die Feierstunden anlässlich des 64. Jahrestages der Befreiung statt. Dabei ist die Situation am ehemaligen Klinkerwerk mittlerweile für die Überlebenden wie auch die Verbände der Angehörigen unerträglich geworden. Bis vor drei Jahren sollte das Klinkerwerkareal zu einem Geschichtspark Lehnitzschleuse im Rahmen der Landesgartenschau Oranienburg 2009 umgestaltet werden. Doch zuerst fiel die Finanzierung weg. Zuletzt  Projekt sogar aus dem ersten Entwurf zur Gedenkstättenplanung im Brandenburger Kulturministeium. Die Verantwortlichen von Stadt Oranienburg und Kulturministerium Brandenburg, die sich gerade die Verantwortung für das Debakel hin- und herschieben mussten sich gestern auch harsche Kritik von den Überlebenden gefallen lassen.

Der Bürgermeister von Oranienburg, Hans-Joachim Laesicke verliess grusslos die Veranstaltung  sofort nach dem offiziellen Ende.

Für die Überlebenden hatte Pierre Gouffault als Präsident des Internationalen Sachsenhausen Komitees in einer sehr emotionalen Rede die Frage gestellt, ob etwa die Beteiligten da auf Zeit spielen. Er befürchtete, dass man wohl so lange wartet, bis auch die letzten Überlebenden verstorben sind, um dann eher attraktive Gewerbeflächen aus dem Gelände zu machen.  Gerade der lange Zeitverlauf von 12 Jahren, in denen nun schon geplant, aber noch immer kein einziger Stein bewegt wurde ruft jetzt bei den Überlebenden Bitterkeit hervor. Es wird festgestellt, dass ihr Vertrauen in die Realisierung des Projektes schändlich enttäuscht wurde, so Pierre Gouffault.

Besonders hob er (und auch der Vorsitzende der Stiftung brandenburgische Gedenkstätten Prof. Morsch) noch einmal die Bedeutung des Aussenlagers Klinkerwerk

(Anfangs noch als Kommando Klinker bezeichnet) als Strafkompanie unter anderem für homosexuelle Häftlinge hervor und erinnerte noch einaml an die Massenmordaktion im Sommer 1942 an den homosexuellen Häftlingen mit dem rosa Winkel, die da fast völlig ausgelöscht wurde.

"Diesen Ort zu vergessen, käme einem Verbrechen gleich", so Pierre Gouffault zu der Frage der Erinnerung für die Kameraden mit dem rosa Winkel. Die dt. Übersetzung der Rede zum Nachlesen:

pdf klinkerwerk_001 21/04/2009,14:31 85.38 Kb Auch Katte e.V. und die im Berat des CSD Brandenburg zusammengeschlossenen Organisationen, Parteien und Verbände haben ja schon seit Jahren auf die Notwendigkeit der Erinnerungsstätte Klinkerwerk hingewiesen und im Programm Fairbrandenburg 2012 diese Umsetzung von der Landesregierung eingefordert.

Auch der Forderungskatalog zum CSD 2009 enthält die Forderung nach mehr Sichtbarmachung homosexueller Geschichte im öffentlichen Raum.

Lediglich die schwulen Polizisten von VelsPol hatten zuletzt Kritik geäussert, da sie die Notwendigkeit der zweiten Gedenkveranstaltung im Klinkerwerk einen Tag nach der Gedenkveranstaltung im Stammlager Sachsenhausen im Rahmen des Brandenburger CSD nicht sehen und damit neben mehreren anderen Gründen hauptsächlich organisatorischer Art gleich ihr Fernbeliben von dem gesamten CSD begründet.

(Alle Fotos von der Gedenkveranstaltung am Montag: Tino Sommer)

 
Kommentare (1)
Keine Aufnahme des KZ Außenlager Klinkerwerk in Oranienburg
geschrieben von andersartig, 22.04.2009 16:16
Der Landesverband AndersARTiG e.V. und
VVN-BdA Brandenburg e.V. haben mit Bestürzung zur Kenntnis
genommen, daß im Entwurf der Landesregierung zu einem
Gedenkstättenkonzept das KZ Außenlager Klinkerwerk nicht mit
aufgenommen wurde. Das Klinkerwerk galt unter den Häftlingen der
KZ Sachsenhausen als „Todeskommando“.
In der KZ Aussenstelle Klinkerwerk wurden zwischen 1939 und 1945
tausende Homosexuelle Opfer des NS-Regimes, was in der
Mordaktion 1942 an hunderten schwulen Männern seinen Höhepunkt
fand. Heute ist es der authentische Erinnerungsort der NSVerbrechen
an Homosexuellen. Die Ignoranz seitens der
Landesregierung gegenüber diesem Ort kann nicht akzeptiert werden.
Die Tausenden Ermordeten, deren sterbliche Überreste sich nach wie
vor auf dem Gelände befinden, dürfen nicht vergessen werden. Es ist
nicht hinnehmbar, dass somit einer ganzen Gesellschaft das
Gedenken an von Nazis ermordete Homosexuelle an einer
authentischen Stätte des Verbrechens und Grauens verweigert wird.
1997 wurde in großem Einvernehmen mit den Verbänden der
Überlebenden und der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten die
Empfehlung ausgesprochen einen „Geschichtspark Klinkerwerk“ zu
realisieren. Zur Gedenkveranstaltung am ehemaligen Außenlager
Klinkerwerk anlässlich des 64. Jahrestages der Befreiung des KZ
Sachsenhausen fand nun der Überlebende des KZ Sachsenhausen
und Präsident des Internationalen Sachsenhausen Komitees Pierre
Gouffault emotionale und klare Worte der Kritik. „12 Jahre
vergeblicher Hoffnungen, 12 Jahre Vertrauen in das gegebene Wort,
um heute, an diesem 20. April 2009, mit Bitterkeit festzustellen zu
müssen, dass dieses Vertrauen auf schändliche Weise enttäuscht
wurde.“ (die gesamte Rede von Pierre Gouffault ist der
Pressemitteilung beigelegt)

Nach der Gedenkveranstaltung am gestrigen Vormittag äußerte sich der
Vorstandsvorsitzende des Landesverbandes AndersARTiG e.V. Eric Hein: „Die
Verleugnung und Ausgrenzung homosexueller Opfer ist erinnerungspolitisch ein
Skandal. Wir fordern die Landesregierung Brandenburg und alle demokratischen
Parteien auf, dafür Sorge zu tragen, das ehemalige Außenlager Klinkerwerk in die
Gedenkstättenkonzeption aufzunehmen und endlich eine Gedenkstätte für die
Ermordeten zu errichten. Wir fordern, den Bestand des Areals für die nächsten
Generationen zu sichern und konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des
'Geschichtsparks Klinkerwerk' unter Mitwirkung der Opferverbände zu ergreifen.“

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