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Rechts- und Lebenssituation von LSBTIQ* in Russland

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Russische Lesben und Schwule leben gefährlich. Für sie besteht Gefahr für Leib und Leben. Zahlreiche Berichte machen auf die unhaltbare Situation für Homosexuelle aufmerksam. Viele europäische Korrespondenten berichten über die Lage.

Zahlreiche internationale LSBT-Aktivisten unterstützen die kleine Bürgerrechtsbewegung in Russland. Die russische Regierung reagierte auf die kleinen gesellschaftliche Fortschritte bei der Akzeptanz, mit einer drakonischen Gesetzgebung. Mit dem Gesetz zur „Homopropaganda“ ist jegliche öffentliche Thematisierung und Fürsprache für die Minderheit von Lesben und Schwulen verboten. In Russland werden zahlreiche gewalttätige Übergriffe, von nationalistischen und rechtsextremen Schlägertrupps gemeldet.
Nur ganz wenige Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie z. B. die russische Schlagersängerin Alla Pugatschowa, setzen sich gegen die Gewalt und für die Gleichbehandlung von Russlands Lesben und Schwulen ein.

In Moskau gab es nur wenige Gay Prides. Diese waren jeweils nur von kurzer Dauer, da die Polizei sie nach wenigen Minuten auflöste. Teilnehmende der sehr kleinen Demonstrationen ,wurden verhaftet und abtransportiert. Die Lage in Russland verschärft sich zunehmend. Für russische Lesben und Schwule, bleibt oft nur noch die Flucht aus dem Land.

LSBTIQ*- Situation in Russland
Dutzende Jugendliche haben sich am Dienstagvormittag, den 30. Juni 2013, vor dem Gebäude des russischen Parlaments versammelt. Sie sehen kräftig und sehr aggressiv aus. Einige von ihnen tragen Masken, Uniform in Tarnfarben und schwere Stiefel. Das Ziel ihres Hasses ist eine kleine Gruppe von Aktivisten für die Rechte von LSBTIQ*. An diesem Tag wird in Russland über das Gesetz diskutiert, welches "Schwulenpropaganda" verbieten soll. Die Gegner dieses Gesetzes wollen an diesem Tag gegen das Gesetz protestieren, werden jedoch sofort angegriffen und mit faulen Eiern beworfen. Die Polizei mischt sich lange nicht ein, dann beginnt sie, die Aktivisten festzunehmen. Als der Polizeibus mit den Festgenommenen wegfährt, beginnen die aggressiven Jugendlichen eine regelrechte Jagd auf die verbliebenen Homosexuellen.

An diesem Tag unterzeichnete Wladimir Putin ein Gesetz auf föderaler Ebene, das jegliche positive Äußerungen über Homosexualität in Anwesenheit von Minderjährigen oder über Medien unter Strafe stellt. Der Staat erkennt keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mehr an und verbietet auch die Adoption durch gleichgeschlechtliche Ehepaare im Ausland. Anfangs war noch die Rede von "Propaganda von Homosexualität unter Minderjährigen" die Rede, in der Endfassung wurde der umstrittene Begriff durch "Propaganda der nicht-traditionellen sexuellen Orientierung" ersetzt. Der Sinn änderte sich davon kaum.
Das Gesetz versteht unter Propaganda "die Verbreitung von Informationen, die bei den Minderjährigen nicht-traditionelle sexuelle Orientierung formen". Jugendliche dürfen jedoch ebenfalls keine Informationen darüber bekommen, dass homo- und heterosexuelle Beziehungen sozial gleichwertig sind. Eine Abgeordnete der Regierungspartei "Geeintes Russland", Olga Batalina, erklärte, das solche Informationen schädlich für die Gesundheit von Kindern seien. Dazu zählt sie ebenfalls die öffentliche Zurschaustellung von Homosexualität. Organisationen welche sich nicht an das Gesetz halten drohen Geldstrafen von bis zu rund 25.000€, des weiteren kann ihre Tätigkeit bis auf 90 Tage gestoppt werden. Für Privatpersonen sind Geldstrafen von bis zu ca. 5000€ vorgesehen. Ausländer können für 15 Tage festgenommen und des Landes verwiesen werden. Seit Januar 2015 wird Homosexuellen auch der Führerschein entzogen.
In einer Studie des Levada-Zentrums im Jahre 2010 wurde die russische Bevölkerung befragt als was sie Homosexualität betrachten und wie man ihrer Meinung nach mit Homosexuellen umgehen sollte. Der Großteil sieht Homosexualität als Krankheit oder schlechte Angewohnheit. Der Prozentsatz dieser Angaben hat sich seit der letzten Befragung im Jahr 2005 mit negativer Tendenz vergrößert. Bei der zweiten Frage enthielten sich 9 Prozent. 25 Prozent stimmten dafür ,diese Menschen sich selbst zu überlassen. Fast ebenso viele, 24 Prozent, erachteten es als notwendig, Hilfe zu leisten. 21 Prozent waren der Ansicht, Homosexualität müsste therapiert werden. Noch immer waren 18 Prozent der Bevölkerung dafür, Homosexuelle zu isolieren.
Human Rights Watch(HWR) sieht einen Anstieg von Belästigungen, Angriffen und Diskriminierung von LSBTIQ* im Jahr 2014. Sie führen dies in ihrem Bericht "Lizenz zum verletzen" auf das im Jahr 2013 verabschiedete Gesetz zurück. Es würde "Diskriminierung legalisieren", so Tanya Cooper von HRW. Damit soll sie Recht behalten, denn der Bericht beklagte, basierend auf den Aussagen von 78 Opfern sogannter "Hassverbrechen", die mangelnde juristische Unterstützung. Für gewöhnlich heißt es wohl, dass es sich gar nicht um Hassverbrechen handle, da die Mehrheit der Russen Homosexuelle hassen würden. Putin betonte im Dezember 2013, dass sein Land nicht vorhabe Homosexuelle zu verfolgen, die Bevorzugung der "traditionellen Familie und gesunden Nation" sei jedoch eine strategische Enscheidung Russlands.
In dem oben genannten Bericht erzählen Opfer von Gewalt und Erniedrigungen. Eine anonyme Person berichtet wie er auf der Straße umzingelt und über sein Sexleben ausgefragt wurde. Er wurde gezwungen laut zu schreien, er sei schwul und pedophil. Dimitrij beschreibt wie ihn seine Angreifer als "Tunte" beschimpften und ihm mit einem Luftgewehr ins Gesicht schossen. Er ist nun auf dem linken Auge blind. Olga Masurowa, eine heterosexuelle Ärztin wurde festgenommen, nachdem sie sich auf einer Demonstration positiv gegenüber Homosexuellen äußerte. Man warf ihr vor Päderasten zu verteidigen. Anfang Mai 2014 wurde in Wolgograd ein 23-jähriger von seinen Bekannten zu Tode gefoltert. Die Täter sagten, sie hätten dies getan, da er schwul sei. Anfang Juni wurde auf der Halbinsel Kamschtka ein 39-jähriger Mann aus dem selben Grund ermordet. Sein Körper wurde verbrannt.
Ein homosexueller Lehrer, welcher Deutsch und Englisch an einem Gymnasium in St. Petersburg unterrichtete, wurde bei einer LSBTIQ*-Kundgebung fotografiert. Von seinen Kollegen wurde er angesprochen, was dies solle, als ob er ein Verbrechen begangen hätte. Die Eltern waren empört und behaupteten, er würde die Kinder mit schlechten Ideen verseuchen. Der Schulleiter teilte ihm daraufhin mit, er müsse kündigen. Der Lehrer denkt, das ganze Schulsysteme ist darauf ausgelegt, Schwule als etwas Anderes und Abartiges zu stigmatisieren. Kinder sollen nicht lernen, dass Menschen gleich sind, sondern dass der heterosexuelle Weg der „richtige" und der homosexuelle der „falsche", der kranke ist.
Die drei klagenden russischen Homosexuellen sollen wegen ihrer Verfolgung jetzt bis zu 20.000 Euro Entschädigung erhalten. Ob sie das Geld wirklich bekommen, ist aber noch nicht sicher. Denn die Urteile des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte können seit 2015 vom russischen Verfassungsgericht noch mal überprüft werden. Das heißt, Russland behält sich vor, Entscheidungen aus Straßburg einfach nicht zu folgen.

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