logo_gaybrandenburg

 

gayBrandenburg Headlinebanner

Mord in der Posthofstraße

Vor 33 Jahren wurde der Kellner Hans-Peter Schmeißer in Potsdam ermordet. Nun versucht das LKA Brandenburg, den Fall doch noch zu lösen
Mord

Es geht um einen nie aufgeklärten Mord in Potsdam, begangen vor 33 Jahren. Der Name des Opfers: Hans-Peter Schmeißer. Ein Kellner mit vielen Freunden. Er wurde nur 32 Jahre alt. Im Januar 1980 fand man ihn in seiner Wohnung in der Posthofstraße in der Innenstadt, auf brutale Weise getötet. Doch die Suche nach dem oder den Tätern verlief im Sand. Bis jetzt.

Das Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg in Eberswalde (Landkreis Barnim) rollt den Fall neu auf. Verantwortlich dafür: Das Ermittlerteam von Axel Hetke. Hetke ist Chef der im Zuge der Polizeireform vor zwei Jahren eingesetzten LKA-Kommission, die sich seitdem hauptsächlich um die mehr als 130 nicht aufgeklärte Kapitalverbrechen und verdächtige Vermisstenfälle in Brandenburg kümmern soll. Es ist eine Puzzlearbeit, der älteste Fall stammt aus dem Jahr 1948. Im Zuge dieser Arbeit stießen Hetke und sein fünfköpfiges Team auf den ungelösten Fall in Potsdam – und nahmen die damaligen Ermittlungen wieder auf: Bekannte des Opfers werden nun erneut befragt, vor 33 Jahren gefundene Spuren mit neuen technischen Methoden untersucht. Die Hoffnung: verwertbare Spuren und Hinweise auf den Täter.

Die Ermittler wollen endlich herausfinden, was in der Nacht vom 22. zum 23. Januar 1980 passierte. Der damals 32 Jahre alte Schmeißer arbeitete in der Gaststätte „Klosterkeller” in der Friedrich-Ebert-Straße. Er habe einen großen Bekanntenkreis im Gastronomiegewerbe besessen, und auch in Potsdam insgesamt, sagt Hetke. Zudem soll Hans-Peter Schmeißer auch im Homosexuellenmilieu verkehrt haben, nennt Hetke ein weiteres Detail aus den Ermittlungen. Homosexualität galt zu DDR-Zeiten als verpönt. Bekannt sei, dass das Opfer am 22. Januar mehrere Gaststätten besuchte, unter anderem das „Gastmahl des Meeres” und das Café Heider in der Innenstadt. Ebenso habe er regelmäßig die nicht mehr existierenden Gaststätten „Stadt Magdeburg“ und „Broiler“ besucht. Ebenso sei das spätere Opfer am Bassinplatz gesehen worden, an dem er sich häufig aufgehalten habe. Später hätten Zeugen auch noch gehört, dass er sich in seiner Wohnung in der Posthofstraße mit einer unbekannten Person unterhielt – ein Telefon habe der Getötete nämlich nicht besessen.

In dieser Wohnung wurde Hans-Peter Schmeißer auch getötet. „Mit massiver Gewalt”, wie Kommisar Hetke es ausdrückt. Einzelheiten nennt er nicht, aus ermittlungstaktischen Gründen, um Täterwissen nicht preiszugeben. Allerdings seien viele Spuren des Verbrechens gefunden worden. Diese würden derzeit im Kriminaltechnischen Institut des LKA noch einmal ausgewertet. „Wir sind zuversichtlich, dass wir neues verwertbares Material für die Ermittlungen finden können”, sagt Hetke. Erst seit Anfang der 1990er können DNA-Spuren für die Aufklärung von Verbrechen gezielt ausgewertet werden, seit 1998 gibt es eine bundesweite DNA-Analysedatei des Bundeskriminalamts.

Darüberhinaus würden nun Zeugen aus dem persönlichen Umfeld des Opfers erneut befragt, sagt Hetke. Ebenso bestehe Kontakt mit Verwandten des Getöteten. Zugleich hoffe man auf Zeugen, die damals etwas gesehen haben könnten, aber nicht vernommen wurden. Unklar sei zum Beispiel noch, ob Hans-Peter Schmeißer von einem oder mehreren Tätern ermordet wurde.

In Potsdam machte der Fall damals kaum Schlagzeilen. Erst mehr als eine Woche später erschien in den „Brandenburgischen Neuesten Nachrichten“, der Vorläuferin der PNN, eine kleine Notiz, dass die Volkspolizei bei der Aufklärung eines Tötungsverbrechens um Mithilfe bitte. Daneben gedruckt ist ein Foto von Schmeißer – und dazu der Text „Wer hat den abgebildeten Mann am 22. bzw. 23. Januar gesehen und kann darüber Angaben machen.“ Es fehlt der Hinweis, dass es sich bei dem Mann um das Opfer handelt und wer er überhaupt ist. Über schwerere Verbrechen, über Raub und Mord, wurde laut der Einschätzung von Historikern in der DDR fast nie berichtet – und wenn, dann in geringem Umfang.

Dass nun ausgerechnet der Potsdamer Fall komplett neu aufgerollt wird, liegt laut Hetke an der systematischen Arbeit, die sich die Ermittler mit den alten Fällen machen. Diese würde nach bestimmten Kriterien aufgelistet. Unter anderem gehe es um die Frage, ob sich aus früheren Spurenfunden – zum Beispiel Blutspritzer und Stofffetzen – mit modernen Untersuchungsmethoden neue Erkenntnisse gewinnen lassen könnten. Ebenso würden die damals ermittelnden Polizisten nach möglichen Ansatzpunkten für neue Recherchen befragt. Insgesamt gehe es derzeit um 132 Fälle, die noch aufgeklärt werden müssen – sechs davon spielen in Potsdam (siehe Kasten). Und einer könnte vielleicht bald gelöst sein.

Hinweise zum Mordfall Schmeißer an die Telefonnummer 0700/3333 0331.


Screenshot: Polizei/Andreas Klaer
Autor: Henry Kramer

mit freundlicher Genehmigung Henri Kramer (Potsdamer Neueste Nachrichten), veröffentlicht dort am 15.11.2013


 

 

 

Drucken E-Mail